Jeder von uns kennt das Gefühl, sich in seiner Haut nicht wohl zu fühlen. Auch Situationen, in denen man als Frau gerne mal ein Mann wäre oder als Mann gerne mal eine Frau, sind nichts Ungewöhnliches. Was jedoch, wenn man sich von klein auf im falschen Körper und eigentlich dem anderen Geschlecht zugehörig fühlt? Was, wenn man als transsexueller Mensch heiraten möchte?
Im Jahr 1980 trat in Deutschland das Transsexuellengesetz in Kraft, das die rechtlichen Möglichkeiten für Menschen regelt, die mit einer von ihren körperlichen Geschlechtsmerkmalen abweichenden Geschlechtsidentität leben. Ganz abgesehen von den möglichen medizinischen Maßnahmen und operativen Eingriffen, bekommen wir Standesbeamten in diesen Fällen eine gerichtliche Anweisung zur Änderung des Vornamens. Dies wird auch als „kleine Lösung“ bezeichnet, im Gegensatz zur „großen Lösung“, die die gleichzeitige Änderung des Personenstands zur Folge hat und eine vollständige Anpassung des Geschlechtseintrages im Geburtsregister und der Geburtsurkunde vorsieht. Sie ist jedoch nur möglich, wenn der oder die Betreffende nicht verheiratet ist, eine dauerhafte Unfähigkeit zur Fortpflanzung besteht und ein operativer Eingriff zur Veränderung der äußeren Geschlechtsmerkmale stattgefunden hat. Möchte ein transsexueller Mensch nach seiner Geschlechtsumwandlung heiraten, muss bei der Anmeldung zur Eheschließung im Standesamt der Verlobte darüber informiert werden, dass eine Änderung des Geschlechts erfolgt und die Zeugung von Kindern damit ausgeschlossen ist.
Im Mai 2008 habe ich ein Paar mit transsexuellem Hintergrund getraut, das mir seine Geburtsdaten zur Verfügung stellte. Der Bräutigam war in einem weiblichen Körper geboren worden und hatte eine Geschlechtsumwandlung zum Mann hinter sich. Mich interessierte sehr, ob und wenn ja wie, sich diese Gegebenheit in den Geburtshoroskopen der beiden sowie in ihrem Combin darstellte…
Radix des Bräutigams
Da wir in einem Geburtshoroskop das Geschlecht des Betreffenden nicht erkennen können, dürfte auch eine Geschlechtsumwandlung nicht zwingend im Horoskop thematisiert sein. Dennoch käme man bei einer Frau mit Mond im Krebs und Venus in Stier nicht unbedingt auf die Idee, dass sie Schwierigkeiten mit ihrer weiblichen Identität haben könnte. Beide Planeten stünden in ihren Domzilzeichen und damit sehr stark. Im Horoskop des Bräutigams, der ursprünglich als Mädchen aufwuchs, finden sich Mond und Venus dagegen in den eher geschlechtsneutralen Zeichen Schütze und Zwillinge. Die Konjunktion von Sonne, Merkur und Venus in Opposition zu Mond fällt auf, da sie zumindest auf das Thema Mann-Frau und ihre Unvereinbarkeiten hinweisen könnte. Dass dieser Mensch aber leidvolle und schmerzhafte Zeiten durchleben musste, weil er keine sexuelle Identität entwickeln konnte, sich stets anders und ausgegrenzt fühlte und letztlich auch unter einem Mangel an Selbstbewusstsein litt, würde ich eher an dem T-Quadrat von Chiron im 5. Haus, Uranus im 11. Haus und Saturn im 2. Haus festmachen. Auch das Anderthalbquadrat von Mars zu Sonne, Merkur und Venus zeigt Schwierigkeiten, die starke männliche Komponente (Mars im Skorpion) harmonisch zu integrieren.
Die Transformation, die eine Geschlechtsumwandlung mit sich bringt, ist ein plutonischer Prozess und so wundert es nicht, dass dies während des Pluto-Transits über Mond in Opposition zu Sonne, Merkur, Venus geschah.
Zum Zeitpunkt der Eheschließung stand Uranus im Quadrat zu Mond, was eine interessante Komponente in der Rollenverteilung darstellt, da er nun als Mann und somit Bräutigam heiraten konnte.
Radix der Braut
Wie der Bräutigam hat auch die Braut eine Sonne im 10. Haus, was möglicherweise dem Umstand Rechnung trägt, dass ihre Verbindung auch eine gesellschaftliche Komponente sowie eine Signalwirkung auf andere haben könnte. Denn, dass diese Ehe – als Mann und Frau - möglich wurde, erforderte Mut und Durchhaltevermögen auf einem nicht gerade einfachen Weg. Das T-Quadrat von Sonne, Pluto und Saturn beschreibt hier u.a. den Transformationsprozess des Ehemannes (Sonne).
Doch auch der weibliche Anteil wird mit Mond im Skorpion und im Quadrat zu Mars nicht gerade unkompliziert beschrieben. Um Ehefrau (Mond) zu werden, waren etliche Kämpfe (Mars) durchzustehen.
Combin des Brautpaares
Wie bei der Spannungsgeladenheit beider Geburtshoroskope nicht anders zu erwarten war, zeigt sich auch im Combin des Paares ein hohes Mass an Spannungsaspekten. Allen voran das grosse Kreuz mit einer Mond-Mars-Opposition zum einen und einer Chiron-Opposition zu Pluto/Uranus zum anderen. Letzteres ist zudem die Mittelachse einer Drachenfigur! Chiron (Verwundung, Scham) am Schwanz des Drachens ist der Motor, der den Drachen in Richtung Uranus/Pluto (Transformation, Umbruch) steigen lässt.
Von Beruf sind beide Partner Künstler. Sie arbeiten zusammen und finden hierin ein Ventil, die schwierigen Horoskopthemen auf kreative Weise künstlerisch umzusetzen. Ihre Bilder sind keinesfalls „leichte Kost“, sondern eher gesellschaftskritisch bis tabulos, was bei der starken Skorpion- und Plutobetonung ihres Combins nicht verwundert.
Am Tag der Eheschließung (9.5.08) stand der laufende Merkur in Konjunktion zum Mond und somit auch im Quadrat zu Uranus und Pluto. Die Hochzeitsgäste wurden entsprechend überrascht und erfuhren erst bei der Ankunft vor dem Standesamt, dass sie zu einer Hochzeit geladen waren.
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