Die Würden der Planeten sind das A & O der klassischen Astrologie. Die beiden Lichter Sonne und Mond haben jeweils in Löwe und Krebs ihre Domizile, während die Domizile von Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn sich an beiden Seiten der Domizile von Sonne und Mond gruppieren.
Merkur beherrscht Zwillinge und Jungfrau, Venus Stier und Waage, Mars nicht nur Widder, sondern auch Skorpion, Jupiter sowohl Schütze als auch Fische und Saturn Steinbock und Wassermann. Zudem hat jeder antike Planet in einem bestimmten Zeichen seine Erhöhung: Sonne in Widder, Mond in Stier, Merkur in Jungfrau, Venus in Fische, Mars in Steinbock, Jupiter in Krebs und Saturn in Waage. Ein Planet steht in seinem Domizil oder in seiner Erhöhung recht gut, weil er dort seine besten Eigenschaften entfalten kann.
In seinem Exil steht ein Planet im Zeichen, das dem Zeichen gegenüber liegt, in dem er sein Domizil hat. Mit Ausnahme von den beiden Lichtern Sonne und Mond haben alle antiken Planeten zwei Domizile und damit auch zwei Exile. In Fall steht ein Planet im Zeichen gegenüber dem Zeichen, in dem er erhöht ist. In Exil oder Fall wird ein Planet eher seine negativere Eigenschaften entwickeln. Die wichtigste Würde nach den Domizilen und Erhöhungen ist die Triplizität.
Im Gegensatz zu früheren Zeiten arbeiten Astrologen unserer Zeit fast ausschließlich mit dem Geburtshoroskop und den daraus abgeleiteten Prognose- und Synastrietechniken: Solaren, Transiten, Direktionen, Progressionen, Compositen, Combinen usw. Leider haben viele europäische Astrologen (im Gegensatz zu ihren indischen und amerikanischen Kollegen) oft eine Hemmung, die Stundenastrologie einzusetzen, wenn es um die Beantwortung konkreter Fragen geht. Schade, denn diese älteste Form der Astrologie erweist sich als unglaublich zuverlässig und effizient, wie Mona Riegger auf Sternwelten schon überzeugend gezeigt hat.
Dass die stundenastrologische Beantwortung von Fragen wie "Wo ist meine Schildkröte?", "Soll ich dieses Haus kaufen?" nützlich sein kann, werden alle Klienten bestätigen, die dank der Beantwortung solcher Fragen ihre Schildkröten vor einem sicheren Tod und sich selbst vor einem Haus, in das es rein regnet, retten konnten. Es geht mir in diesem Beitrag aber um die bewegenden Lebensfragen, beispielsweise zur Liebe und Partnerschaft. Wenn jemand mir eine solche Frage stellt, nehme ich diese nicht ohne weiteres an, sondern versuche zuerst zu klären, wie intensiv der/die Fragende schon darüber nachgedacht hat, wie er/sie mit einer eventuellen negativen Antwort umgehen wird. Manchmal kann ich meine Klienten sogar davon überzeugen, ihre Frage wieder zurückzuziehen oder überhaupt nicht zu stellen, weil sie einsehen, dass sie bestimmte Erfahrungen selbst machen müssen. Aber meistens sagt der/die andere mir: "Wenn Ihre Antwort negativ ausfällt, glaube ich, damit leben zu können und spare ich mir wenigstens eine Menge Ärger, Zeit, Mühe und Geld." Dass diese "nüchternen" Klienten manchmal nach einer negativen Antwort trotzdem traurig werden und in einem oder mehreren ausführlicheren Gesprächen weiter begleitet werden müssen, kommt aber auch vor. Weil klassische Astrologie nicht fatalistisch ist, sondern immer Alternativen anbietet, gelingt es auch meistens, diese Klienten wieder auf die Beine zu stellen.
Ich gebe hier gerne ein Beispiel der Effizienz der Stundenastrologie:
Eine Frau rief mich an und erzählte mir, dass sie sich vor einiger Zeit von ihrem Mann getrennt hat. Er war ausgezogen, sie war mit den beiden noch kleinen Kindern in der Eigentumswohnung zurück geblieben. Jetzt hatte ihr Mann sie aufgefordert, ihm seinen Eigentumsanteil, eine beträchtliche, aber auch angemessene Summe, auszuzahlen. Sie stellte mir zwei Fragen:
1. Soll ich ihm diese Forderung streitig machen? 2. Wie stehen die Kinder zu ihrem Vater? Sie hatte festgestellt, dass die Kinder immer ganz vergnügt aus den gemeinsamen Wochenenden mit ihrem Vater zurück kehrten und sofort anfingen, sich nach dem nächsten Wochenende zu sehnen, weil sie mit ihrem sportlichen Vater immer so tolle Dinge erlebten.
Ich brauche für die Beantwortung dieser Fragen kein einziges Geburtshoroskop, nicht das Horoskop der Frau (obwohl ich zur Ergänzung meiner Antwort einen kurzen Blick darauf geworfen habe), nicht die Horoskope der Kinder oder des Mannes (plus seine Genehmigung!). Ich brauche nur das Stundenhoroskop für den Augenblick der Frage (23.11.2004, 11.57 MEZ, Neubiberg bei München, AC 3°16' Wassermann, Placidushäuser). In diesem Horoskop beantworten mir vier Planeten die beiden Fragen, alles andere brauche ich nicht!
Es sind:
- der Herrscher des Aszendenten (kurz: H1), Saturn, der die fragende Frau vertritt; (Die klassische Astrologie arbeitet mit den antiken Herrschern; deshalb ist bei einem Wassermann-AC Saturn und nicht Uranus H1.)
- H7, Sonne, der Mann;
- H5, Merkur, die Kinder, denn Kinder fallen unter das 5. Haus;
- H2, Jupiter, die finanzielle Lage der Frau. Jupiter ist auch H10, die Mutter der Frau.
- Der Mond ergänzt die Deutung, aber in diesem Horoskop brauche ich ihn eigentlich nicht.
Das Horoskop sagt uns sofort, dass die Frau sich nicht mit ihrem Mann wegen des Geldes streiten soll, denn die Sonne steht unglaublich viel stärker als Saturn. Saturn ist wohl sehr geschwächt: er steht im fallenden 6. Haus im Krebs in seinem Exil und ist zudem rückläufig. Die Sonne steht dagegen hoch im Horoskop am MC in Schütze (der sportive Vater!) in ihrer Triplizität. Sie beherrscht die Lage völlig. Die Forderung des Mannes scheint auch nicht ungerecht zu sein. Merkur, der als H5 die Kinder vertritt, wandert nur noch einen halben Grad pro Tag vorwärts und wird bald rückläufig. Auf 18° Schütze wird er die Konjunktion mit der Sonne bilden. Es sieht so aus, dass die Kinder zu ihrem Vater ziehen werden.
Jupiter, H2, die finanzielle Lage der Frau, steht im schwierigen 8. Haus: Die Auszahlung könnte für meine Klientin problematisch werden. Der Mond ohne Würde im 2. Haus bestätigt diese Lage noch: Nach dem Trigon mit Merkur ist sein letzter Aspekt ein Quadrat zu Saturn: Herr 1.
Ist der arme Saturn dann wirklich auf sich allein gestellt? Nein, denn Jupiter bildet eine wunderschöne gegenseitige Rezeption mit Saturn: Jupiter steht in der Waage, in Saturns Erhöhung, und Saturn befindet sich im Krebs in der Erhöhung Jupiters. Beide Planeten lieben einander! Weil Jupiter auch H10 ist und deshalb die Eltern (insbesondere die Mutter) vertreten könnte, fragte ich sie, ob ihre Eltern ihr finanziell nicht helfen könnten. Sie zögerte, denn sie wollte ihre Eltern mit dieser Geschichte nicht belästigen. Ich machte ihr Mut und sagte, dass aus dem Horoskop deutlich ersichtlich sei, dass die Eltern sie liebevoll unterstützen würden. Tatsächlich erklärten die Eltern sich bereit, ihre Tochter in dieser Geschichte finanziell zu unterstützen.
Ein Blick auf das Geburtshoroskop meiner Klientin zeigte, dass Transit-Saturn noch etwa ein knappes Jahr durch ihr 12. Haus lief. Weil die Frau mit ihrem Leben unzufrieden war (sie bezeichnete sich selbst als "Workalholic": H1 des Stundenhoroskops im 6. Haus!), habe ich mich mit ihr über die Bedeutung dieses Transits unterhalten und sie darauf hingewiesen, dass sie die Zeit, bis Saturn ihren Aszendenten erreichen würde, benutzen sollte, ihr Leben in Ordnung zu bringen, sich weniger in die Arbeit zu stürzen und mehr Zeit für sich selbst zu nehmen, sich in sich selbst zurückzuziehen (12. Haus), Ballast über Bord zu werfen, damit bei Saturn am AC der Weg für einen Neuanfang frei wäre.
Psychologische Radixdeutung und klassische Stundenastrologie ergänzen sich!
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