Robert Powell - Geschichte des Tierkreises - 256 Seiten - 2006 - Astronova - ISBN: 978-3-937077-23-9
Aus der Geschichte lernen! Diese Forderung einer modernen Geschichtswissenschaft bedeutet, Geschichte als fortwährende Vergangenheit zu erkennen, die in die Gegenwart hineinwirkt. In der astrologischen Biografiearbeit erscheint uns diese Tatsache selbstverständlich. Menschen durchlaufen Entwicklungsprozesse und die Reflexion der eigenen Lebensgeschichte eröffnet neue Perspektiven für die Zukunft. Geschichtsschreibung ist aber immer auch Entzauberung. Ereignisse und ihre Deutung verändern sich mit der zeitlichen Distanz, Standpunkte müssen immer wieder neu definiert werden. An diesem Punkt stellt sich die Frage, welche Beziehung Astrologie und Astrologen zur Geschichte ihres Faches haben? Welches sind die großen Entwicklungslinien der abendländischen Astrologie? Wie hat sich die Bedeutung astrologischer Symbole gewandelt? Lassen sich Methoden einer mittelalterlichen Astrologie ohne Reflexion des historischen Kontexts in der heutigen Zeit anwenden?
Gerade in den letzten zehn Jahren sind einige Voraussetzungen geschaffen worden, um solche Fragen zu reflektieren. Historische Quellen können ohne Latein- und Griechischkenntnisse studiert werden, man denke nur an das Projekt Hindsight.
Und mit der Untersuchung von Robert Powell liegt jetzt eine fundierte Geschichte des Tierkreises vor, die uns zu den Anfängen der abendländischen Astrologie führt.
Gleich zu Beginn definiert der Autor drei Tierkreise. Der tropische Tierkreis, der als Kalender die Zeit einteilt, wird begrifflich unterschieden vom astronomischen Tierkreis, der wiederum den Hintergrund für die messbaren Bewegungen von Sonne, Mond und Planeten bildet und damit den Raum einteilt - und zwar in zwölf ungleich große Sternbilder. Der siderische Tierkreis hingegen benutzt zwölf gleichlange Sternzeichen und Powell erbringt im Verlauf seiner Arbeit den Nachweis, dass dieser siderische Tierkreis schon um ca. 450 v. Chr. in Gebrauch war. Ebenso akribisch wie detail- und faktenreich wird die Einteilung des Fixsternhimmels als Koordinatensystem in der babylonischen Astrologie dargestellt. Ausgehend von diesen Befunden analysiert Powell die „Erfindung“ des tropischen Tierkreises in der griechischen Antike und rekonstruiert anschließend mit Hilfe des ptolemäischen Sternenkatalogs den (nur rudimentär überlieferten) Fixsternkatalog der Babylonier. Ein weiteres Kapitel ist der ägyptischen Astrologie gewidmet. Hier wird der Tierkreis von Dendera sowie die Rolle der Dekane in diese Entwicklungsgeschichte eingeordnet. Selbst die indische Astrologie und ihr Umgang mit dem siderischen Tierkreis wird von Powell berücksichtigt.
Alles in allem ist diese überarbeitete Dissertation aus dem Jahre 2004 keine leichte Kost. Die Lektüre lohnt sich trotzdem, denn Sie lernen die antiken Grundlagen der westlichen Astrologie kennen und begegnen ihren wichtigsten Vertretern - neben dem allseits bekannten Ptolemäus. Über 500 Anmerkungen und eine sechsseitige Bibliographie bieten zudem vielfältige Hinweise für ein weiterführendes Studium der Astrologiegeschichte.
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