HomeGrundlagen & DeutungenAspekteDie Charakteristik der Hauptaspekte – Von der klassischen zur psychologischen Deutung

Die Charakteristik der Hauptaspekte – Von der klassischen zur psychologischen Deutung

Von Rolf Freitag

 Die Klassische Astrologie kennt vier Hauptaspekte: Das Sextil, das Quadrat, das Trigon und die Opposition. Davon haben Sextil und Trigon positiven Charakter, sie begünstigen den Horoskopeigner (HE). Dem Quadrat und der Opposition wird ein negativer Charakter zugeschrieben, sie sollen das Leben demnach erschweren. Die Konjunktion wird nicht als eigentlicher Hauptaspekt gezählt, ihr Charakter richtet sich nach den beteiligten Planeten.


Bei Erik van Slooten las ich (1), dass die Bezeichnung "Revidierte Klassik" (mit der die Psychologische Astrologie gemeint ist) eigentlich irreführend sei. Dies, weil abgesehen von den 12 Tierkreiszeichen sowie Sonne, Mond und den fünf alten Planeten Merkur bis Saturn, keinerlei Gemeinsamkeiten mehr mit der Klassischen Astrologie vorhanden seien. Alles andere sei "revidiert" worden.

Dies stimmt meiner Meinung nach nicht ganz, weil sich an vielen Stellen immer noch Reste der Klassik erhalten haben, die den modernen Astrologen und Astrologinnen oft gar nicht bewusst sind. Ich bin daher der Ansicht, dass die Trennung so konsequent wie nur irgend möglich vollzogen werden sollte. Es gibt also noch einiges zu tun, um die Psychologische Astrologie gänzlich von der Klassischen abzunabeln. Ein Beispiel hierfür ist z. B. die Lehre von den Aspekten.

                      Aspekt-System der Klassischen Astrologie

freitag-tierkreis-aspekte

Die Begründung für diese Einteilung liegt in folgendem System: Man geht von den Zeichen Krebs (Herrscher Mond) und Löwe (Herrscher Sonne) aus und zeichnet von diesen beiden "Lichtern", die in der Klassik eine Sonderstellung einnehmen, jeweils nach rechts und links die entsprechenden Aspekte. Beim Sextil erreicht man links vom Krebs den Stier und rechts vom Löwen die Waage. Beide Zeichen werden klassisch gesehen von der Venus beherrscht, also von einem Wohltäter. Venus gilt in der Klassik als das "kleine Glück", deshalb wird das Sextil als positiver Aspekt gewertet. Beim Quadrat kommt man links vom Krebs in das Zeichen Widder und rechts vom Löwen in das Zeichen Skorpion. Beide Zeichen werden beherrscht von Mars, also von einem „Übeltäter“. Mars gilt in der Klassik als das "kleine Unglück", deshalb ist das Quadrat ein ungünstiger Aspekt. Beim Trigon wird links vom Krebs das Zeichen Fische erreicht und rechts vom Löwen das Zeichen Schütze. Beide Zeichen unterstehen Jupiter, der in der Klassik wiederum als der "großer Wohltäter" beschrieben wird. Folglich ist das Trigon der günstigste aller Aspekte. Die Opposition schließlich führt uns links vom Krebs in das Zeichen Steinbock und rechts vom Löwen in das Zeichen Wassermann. Beide Zeichen werden in der Klassik von Saturn beherrscht, der als der "große Übeltäter" gilt, deshalb ist die Opposition der ungünstigste aller Aspekte. Soweit die Klassische Astrologie.

Als Psychologischer Astrologe kann ich dieser Begründung jedoch nicht folgen, weil es hier keine "Wohltäter" oder "Übeltäter" gibt. Dennoch wurden diese Aspekte in ihrer Wirkung so übernommen. Der in der klassischen Deutung negative Charakter eines Aspekts wurde allerdings geleugnet, weil die mit diesen Aspekten verbundenen Schwierigkeiten, psychologisch gesehen, eher als Herausforderungen gelten, die den HE bei entsprechender Anstrengung, im Leben voranbringen.

Es fehlt in der Psychologischen Astrologie meiner Meinung nach also eine eigene Herleitung der Aspekte, und zwar eine Herleitung, die (wie in der Klassik) direkt vom Horoskop ausgeht. Dass dies Konsequenzen in der Deutung nach sich ziehen dürfte, liegt auf der Hand.  

Eine psychologisch-numerologische Begründung

Eine psychologisch-numerologische Begründung versucht z. B. Claude Weiss in seinem Buch "Horoskopanalyse. Die Aspekte im Geburtsbild" (2). Hier bekommt die Konjunktion mit der Ziffer 1 (weil sie den Kreis einfach teilt) die Bedeutung der "stärksten Konzentration der Kräfte". Die Opposition wird mit der Ziffer 2 als "Dualität", also als "Trennung der Einheit" erklärt. Das Trigon mit der Ziffer 3 (Dreiteilung des Kreises), wird als "Synthese der Entzweiung" (Auflösung der Dualität) beschrieben und das Quadrat mit der Ziffer 4 als "anstrengendes Kreuz, bzw. als "doppelte Konfrontation mit der Dualität". Das Sextil letztlich, als Kombination der Ziffern 2 und 3, wird als die "Schärfung des Bewusstseins" gesehen. Dies ist zwar eine psychologische Argumentation, aber keine, die den Charakter der astrologischen Energien, die durch die Aspekte miteinander verbunden werden, berücksichtigt. Ausgangspunkt der Überlegungen ist hier allein der Kreis, nicht das Horoskop.

Um diesen Mangel abzuhelfen, hat Claude Weiss die Konjunktion an die Spitze des 1. Hauses (AC) gelegt. Vermutlich weil damit der Beginn eines Zyklus symbolisiert wird. Er kann auf diese Weise über die Häuserspitzen, die von den betreffenden Aspekten erreicht werden, eine Verbindung mit dem Horoskop herstellen. (3) Diese Lösung erscheint mir aber im Einzelnen als nicht schlüssig. Warum soll es sich z. B. beim Quadrat immer um "unsere Überwindung der Vergangenheit (4. Haus) und die Verwirklichung unseres Ichs in der äußeren Realität und der Gesellschaft (10. Haus)" handeln? Warum wird bei der Opposition nur "der Konflikt zwischen unserer persönlichen Sphäre und der äußeren Welt angesprochen"? (4) Diese Beschreibungen halte ich für zu speziell, zu eng und teilweise auch für unzutreffend. Wahrscheinlich ist über die Verbindung zu den Häuserspitzen auch gar keine Charakterisierung der Aspekte möglich, die allgemein genug formuliert ist.

Mein Vorschlag für ein anderes System

Ich möchte nun an dieser Stelle ein anderes System vorschlagen, das allein von den astrologischen Spannungen ausgeht, die durch die Aspekte im Horoskop gebildet werden. Aspekte verbinden nämlich immer Tierkreis-Energien miteinander, die in irgendeiner Weise verschieden sind. Somit haben wir es mit einer ganz normalen Kombinatorik von Horoskopfaktoren zu tun, die psychologisch zu deuten sind, wobei der Grad der Unterschiedenheit ein Maßstab für die jeweilige Spannung des Aspekts darstellt. Dieses System ist nicht eigentlich neu, es wird aber in der Psychologischen Astrologie meist nicht mit den notwendigen Konsequenzen verwendet.

Im Horoskop gibt es drei Verschiedenheiten, nämlich den Unterschied der Dynamik (kardinal, fix, veränderlich), den Unterschied des Elements (Feuer, Erde, Luft und Wasser) und den Unterschied der Polarität (Yang und Yin). Die folgende Übersicht zeigt die Zuordnungen der einzelnen Aspekte. Ich habe dabei die 30°-Reihe vervollständigt und das Halbsextil und den Quinkunx mit aufgenommen:

Freitag-Charakteristik

Die Konjunktion hat nach dieser Tabelle überhaupt keine Spannung. Sie kann deshalb auch kein starker Aspekt sein. Eine Spannung entsteht hier höchstens durch die beteiligten Planeten, was aber nicht Gegenstand einer Aspektlehre ist. Das Trigon besitzt eine Spannung in der Dynamik, was offensichtlich den geringsten Unterschied ausmacht.
Interessant ist ferner, dass bei der Opposition nur eine Spannung zwischen den beteiligten Elementen besteht, die aber immer zur selben Polarität gehören und insofern miteinander verträglich sind. Damit ist die Opposition eigentlich ein harmonischer Aspekt mit einer geringeren Spannung als das Sextil. Dies nun gänzlich im Gegensatz zur Klassischen Astrologie, in der die Opposition als einer der härtesten Aspekte aufgefasst wird.
Die entscheidende Spannung entsteht offensichtlich durch den Gegensatz von Yang- und Yin-Zeichen, also von extrovertierten (Luft und Feuer) und introvertierten (Erde und Wasser) Energien. Das trifft auf das Quadrat zu, aber auch auf das Halbsextil und den Quinkunx. Diese drei Hauptaspekte der 30°-Reihe dürften also auf Grund ihrer Spannung allein als "herausfordernd" bzw. "schwierig" bezeichnet werden. Eine Yang-Yin-Spannung lässt sich meines Erachtens nach nämlich grundsätzlich nur durch "Verinnerlichung" der Energien ausgleichen, was immer eine besondere Anstrengung erfordert.

Beispiel anhand der Zeichen Jungfrau und Schütze

Ein Beispiel: Die Zeichen Jungfrau und Schütze stehen zueinander im Quadrat. Auf der körperlichen Manifestationsebene beschreibt das Zeichen Jungfrau Tätigkeiten wie "Aufräumen, Putzen und Ordnen", die alle zu einem Innenbereich gehören. Beim Zeichen Schütze dagegen geht es ums "Unterwegssein, um Schnelligkeit und ums Austoben", die natürlich zu einem Außenbereich gehören. Die Schwierigkeit liegt auf der Hand: Eine Balance dieser Energien kann nur in Form eines zeitlichen Vorher bzw. Nachher erreicht werden. Etwa nach der Devise: Erst Aufräumen, dann Fußball spielen. Ein solches Gleichgewicht ist aber, wie alle leidgeprüften Eltern wissen, nicht stabil. Ein Bereich (meistens die Yin-Seite) kommt dabei zu kurz. Auf der geistigen Manifestationsebene dagegen ist die Jungfrau vernünftig (sie räumt im Kopf auf) und der Schütze ist risikobereit und unternehmungslustig. Ein "vernünftiger Unternehmer" ist aber nicht mehr ein Widerspruch in sich wie "Ordnen und Austoben", sondern eine durchaus harmonische Entsprechung der Energien, die jetzt gleichzeitig verwirklicht werden können und dadurch die Verbindung (trotz der großen Quadrat-Spannung) sehr stabil machen. Allerdings ist eine solche Verinnerlichung nicht ohne Mühe und Arbeit erreichbar.

Die Aspekte Halbsextil und Quinkunx

Die gleiche Problematik finden wir beim Halbsextil und beim Quinkunx, wobei beide Aspekte Verschiedenheiten in allen drei Bereichen aufweisen. Sie sind also die härtesten Aspekte! In der Klassik werden sie nicht mitgezählt und auch viele Psychologische Astrologen werten sie als Nebenaspekte. Auch Claude Weiss bezeichnet das Halbsextil als "schwachen Aspekt". (5) Leserinnen und Leser können hieran erkennen, dass man mit einer astrologisch-psychologischen Analyse zu einem ganz anderen Ergebnis kommt: Halbsextil und Quinkunx wirken stärker als ein Quadrat!

Allerdings setzen sie auf einer anderen Ebene an. Wirken Quadrate nur als Herausforderung, kommt bei Halbsextilen und Quinkunxen eine grundlegende Orientierung hinzu. Sie geben dem Horoskop eine Ausrichtung. Ich habe das in einem Bild so ausgedrückt: Bei einem Zelt sind Halbsextile und Quinkunxe die Zeltstangen, die darüber entscheiden, wo das Zelt aufgebaut wird. Trigon und Sextil (sowie die Opposition!) sind die Zeltplane, unter der man beschützt leben kann. Quadrat (auch Halbquadrat und Anderthalbquadrat, aber nicht die Opposition!) symbolisieren die Abspannleinen, an denen ständig gearbeitet werden muss, um die Zeltplane straff und gespannt zu halten.

Es gibt nun nach meiner Beobachtung einen typischen Unterschied zwischen Halbsextil und Quinkunx: Ein Halbsextil kann nicht übersehen werden, weil es sich unmittelbar aufdrängt. Diese Energien machen sich immer deutlich bemerkbar und zwingen zu einer sofortigen Auseinandersetzung. Im Gegensatz dazu scheint mir der Quinkunx verborgener und unerkannter zu wirken. Er verlangt vom HE jedenfalls eine bewusste Entscheidung, die manchmal auch nicht geleistet wird. In diesem Fall droht dem HE ein Auseinanderbrechen des Horoskops (das ist der "Riss im Gefüge", wie Quinkunxe manchmal erklärt werden), was psychologisch in etwa so viel bedeutet, wie eine Spaltung der Persönlichkeit. Die Integration von Quinkunxen besitzt also eine besondere Dringlichkeit.

Vorläufiges Fazit für die Psychologische Astrologie

Die Lehre von den Aspekten ist demnach ein gutes Beispiel dafür, dass die Psychologische Astrologie sich nicht damit zufrieden geben darf, bestimmte Parameter von der Klassischen Astrologie zu übernehmen und sie im Nachhinein etwas umzudeuten. Sie muss diese Parameter auch mit ihren eigenen Bezugsgrößen herleiten und begründen und wird dann mitunter zu ganz anderen Ergebnissen kommen.

Anmerkungen:
(1) Eric van Slooten, Klassische Horoskopdeutung, S. 9
(2) Claude Weiss, Horoskopanalyse. Die Aspekte im Geburtsbild.
(3) ebenda, S. 14
(4) ebenda, S. 13f
(5) ebenda, S. 16

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